DR . BEN SEKAMATTE
Agrarexperte und Berater von Cotton made in Africa aus Uganda
„Wettbewerb auf der Ebene der Erzeugung ist kontraproduktiv.“
Gemeinsames Lernen und den Wissensaustausch zwischen den Partnern fördern – das ist ein integraler Bestandteil der Arbeit von Cotton made in Africa. Aus diesem Grund organisiert die Initiative regelmäßig partner- und länderübergreifende Workshops und Treffen mit den Mitarbeiter*innen der Baumwollgesellschaften in Afrika. 2023 fanden beispielsweise die jährlichen regionalen Workshops, Treffen des neu gegründeten Innovations Club und diverse Trainingsreisen statt. Voneinander und von externen Expertinnen zu lernen, steht dabei für die Initiative im Mittelpunkt. Ziel ist es, gemeinsam für aktuelle Herausforderungen im Baumwollanbau Lösungen zu erarbeiten, die am besten umsetzbar sowie am praktikabelsten sind und am meisten Wirkung entfalten. Dr. Ben Sekamatte (B.S.), Agrarexperte und Berater von CmiA aus Uganda, sowie Younoussa Imourou Ali (Y.I.A.), CmiA-Consultant und -Koordinator für West- und Zentralafrika, begleiten diese Veranstaltungen seit Beginn und wissen, wie das gemeinsame Lernen in der Praxis funktioniert und was es so erfolgreich macht.
Younoussa, die regionalen Workshops sind in Afrika inzwischen fester Bestandteil der Implementierungsarbeit von Cotton made in Africa. Können Sie uns kurz erklären, worum es dabei geht?
Y.I.A.: Die regionalen Workshops bringen CmiA-verifizierte Partnerbetriebe sowie andere Organisationen und Institutionen zusammen, die mit CmiA kooperieren, damit sie ihr Fachwissen untereinander austauschen können. Dabei werden Fachthemen behandelt, die in Absprache mit den Partnerunternehmen ausgewählt werden, um Lösungen für aktuelle Herausforderungen vorzuschlagen. Dazu gehören Schulungen zur Optimierung von nachhaltiger Erzeugung, Bodenfruchtbarkeit in all ihren Formen, integrierter Pflanzenschutz, ökologische Schädlingsbekämpfung, Methoden zur Anpassung an den Klimawandel, das CmiA Community Cooperation Programm (CCCP) sowie aktuelle Informationen zum CmiA-Standard-System und -Verifizierungsprozess.
Was ist für Sie und die Partner das Besondere an diesen regelmäßigen Treffen?
Y.I.A.: Diese regelmäßigen Treffen bieten den Partner aus der erweiterten CmiA-Familie nicht nur die Möglichkeit, sich besser kennenzulernen, sondern sind auch ein Instrument für gemeinsames Lernen sowie den Austausch von Wissen und Erfahrungen. Dadurch können sie die Leistungen bei der Umsetzung der CmiA-Ziele verbessern, Reproduzierbarkeit gewährleisten und Möglichkeiten für die Zukunft schaffen. Regionale Workshops sind inzwischen fester Bestandteil unserer Implementierungsstrategie und unseres Prozesses.
Dr. Sekamatte, haben Sie auch ein gestiegenes Interesse an überbetrieblicher Zusammenarbeit im südlichen und östlichen Afrika festgestellt?
B.S.: Absolut, vor allem seit Covid. Die Baumwollunternehmen zeigen mehr Akzeptanz für überbetriebliche Schulungen, und die Zusammenarbeit hat tatsächlich neuen Schwung und mehr Kraft bekommen. Eine große Verbesserung wurde durch eine gemeinsame Ausbildung der Ausbilder*innen (‚Training of Trainers‘) erreicht, die von zwei Baumwollunternehmen in Sambia durchgeführt wurde. Dies weckte das Interesse vieler anderer Unternehmen, die sich nun die Kosten für eine gemeinsame Ausbildung der Ausbilder*innen in Sambia teilen. Das war ein langer Weg, aber wir haben es geschafft. Unternehmen, die früher miteinander konkurrierten, arbeiten jetzt zusammen, und wir sehen, wie Mitarbeiter*innen verschiedener Partner über Plattformen wie WhatsApp oder sogar durch Austauschbesuche ihr Wissen teilen. Das steigert die Qualität der Zusammenarbeit enorm.
Und welchen Einfluss hatte CmiA auf diesen Sinneswandel?
B.S.: Der Ansatz und die Arbeit von CmiA haben die Baumwollunternehmen davon überzeugt, dass Wettbewerb auf der Ebene der Erzeugung kontraproduktiv ist. Alle sind auf der Suche nach neuen Lösungen für ähnliche Herausforderungen, weswegen sie durch den Austausch voneinander lernen können. Deshalb haben sogar unmittelbare Konkurrenzfirmen begonnen, zusammenzuarbeiten. Darüber hinaus haben die Schulungspakete von CmiA eine Nachfrage nach einer völlig anderen Art der Beratung geschaffen. Diese Nachfrage und die ernsthafte Suche nach Lösungen haben beispielsweise dazu geführt, dass CmiA jetzt mit African People and Wildlife (APW) in Tansania zusammenarbeitet. Und die Partner freuen sich, dass jetzt Workshops angeboten werden, bei denen die Referierenden weder Baumwollagronom*innen noch Vertreter*innen von Chemieunternehmen sind.
Heißt das, dass sich die Prioritäten der Baumwollunternehmen in Bezug auf den Anbau in letzter Zeit geändert haben?
B.S.: Viele Jahre lang war es das Ziel der Baumwollgesellschaften, größtmögliche Erträge zu erzielen. Doch jetzt, da sie aufgrund des Klimawandels und der Veränderungen in der Gesellschaft mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert sind, haben die Baumwollunternehmen begonnen, ihre Branche in einem größeren Zusammenhang zu betrachten. Dies hat dazu geführt, dass andere Themen wie das Management von Bodenfruchtbarkeit, integrierte Schädlingsbekämpfung und Wasserstrategien enorm an Bedeutung gewonnen haben. Überdies wächst das Interesse an sozialen Themen, die mit dem Landleben zusammenhängen, wie z. B. das Engagement in Bauern- oder Frauenvereinen. Genau darum geht es in den CmiA-Workshops, denn diese basieren auf einem ganzheitlichen Ansatz.
Dieser Perspektivwechsel ermöglichte zudem neue Formen des Austauschs, wie etwa den Innovations Club. Was ist das Besondere daran?
B.S.: Die Gründung des Innovations Club im Jahr 2023 markierte einen Wendepunkt in der Zusammenarbeit zwischen Baumwollunternehmen und internationalen Fachleuten, Forschenden sowie landwirtschaftlichen Beratungspersonen. Der Innovations Club bringt Partner aus ganz Afrika zusammen, um Wissen zu teilen, voneinander zu lernen und verschiedene Themen eingehend zu diskutieren. Dieser Ansatz dient dazu, die Perspektive der Baumwollunternehmen auf die Branche zu erweitern. Die Mitarbeiter*innen teilnehmender Baumwollunternehmen lernten Managementpraktiken aus baumwollfremden Branchen kennen und besuchten Unternehmen, die nicht unmittelbar mit Baumwolle, aber mittelbar mit der Branche zu tun haben. Meiner Meinung nach ist Innovation bei der Unterstützung von Bäuer*innen von entscheidender Bedeutung und relevanter denn je.
Fotocredit: Emily Paul/ African People & Wildlife